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Wenn wir uns des Sonntags in aller Frühe,
nämlich sage und schreibe um acht Uhr, auf den Weg machen,
muß das schon einen handfesten Grund haben.
Bitteschön, hier ist er:
Pfarrer Ulrich Neff.
Ihn wollte der Chor mit Kind und Kegel heimsuchen.
Er ist nicht etwa ein wahllos ausgedeuteter Dorfpfarrer,
sondern darf zu den Freunden des Chores gezählt werden,
denn er war lange Zeit unser Kaplan in Münster
und hat währenddessen auch unseren Chor
geistlich begleitet, z. B. auf der Reise nach Italien.
Mittlerweile hat er sich zum Stadtpfarrer
der St.-Paulus-Gemeinde in Lich gemausert,
aber seinen früheren Chor dennoch nicht vergessen,
und da er außerdem auch ein Freund guter Musik ist,
hat er uns zum Singen in seinem Gottesdienst
am Sonntagmorgen eingeladen.
Wer kann es uns verübeln,
wenn wir bei der Ankunft in Lich
noch etwas schlaftrunken aus dem Bus klettern?
Pfarrer Neff reißt uns aus dem Schlaf
und erklärt uns die Vorzüge seiner Pfarrei.
Als Seelsorger ist es seine Aufgabe,
uns den rechten Weg zu zeigen, ...
... den Weg in die Kirche.
Dort auf der Empore sind Chorleiter und Chor in ihrem Element
und legen los, und wie!
Den Lichern schlackern die Ohren ob solch eines Gesangs!
Aber es kommt noch schlimmer:
Wir holen aus zum hemmungslosen Fortissimo!
Der Seelsorger nimmt die Kinder an die Hand.
Das beruhigt die von der Klangfülle geängstigten Gemüter.
Zum Finale gibt der Chor noch einmal lautstark sein Bestes.
Ob unser Gesang die Licher wohl überzeugt hat?
Jedenfalls werden wir kurzerhand an die frische Luft gesetzt
und zum Essen und Trinken eingeladen.
Der Pfarrer selbst sorgt für den Biernachschub.
Er und seine fleißigen Helfer bewirten uns vortrefflich.
Nach dem Essen sollst du ruh'n
oder tausend Schritte tun.
Hier sehen wir die tausend-Schritte-Fraktion
auf ihrem Bummel durch ...
... die Altstadt von Lich.
Dabei haben wir verschiedene Gewässer -
Bäche, Teiche, Tümpel und Brunnen - analysiert,
aber die Quelle, aus der das reine Bier hervorbricht,
konnten wir trotz aller Bemühungen nicht ausfindig machen.
Dazu wird es wohl noch weiterer Expeditionen bedürfen.
Vor der Heimfahrt erteilt uns Pfarrer Ulrich Neff seinen Reisesegen:
Tschüß! Macht's gut! Und kommt (so?) bald (nicht?) wieder!
Nächstes Ziel: Münzenberg.
Im Hintergrund rechts der Bergfried der Burg,
die es zu bezwingen gilt.
Im Vordergrund links sammelt sich der Chor
vor dem beschwerlichen Aufstieg.
Unser Chorkamerad Dieter kennt den Weg nach oben.
Das genügt.
Wir anderen brauchen ihm nur zu folgen.
Zunächst ein Rundgang auf der Mauer um die Burg.
Dabei wird uns ganz schnell klar:
Es müssen schon andere vor uns dagewesen sein.
Die haben schwer gewütet und eine Ruine hinterlassen!
Wir blicken von der Burg hernieder auf Münzenberg.
Hm, liegt es etwa am Licher Bier,
daß uns der Kirchturm etwas schief vorkommt?
Der Bergfried sieht nicht schief aus, sondern ziemlich hoch.
Müssen wir wirklich da hinauf?
Geschafft! Wir sind gaaanz oben!
Von hier sieht der Rest der Burg ziemlich niedrig aus.
Nach diesem Kraftakt müssen wir uns unbedingt ausruhen.
Wir finden reichlich Sitzgelegenheit
unter schattenspendenden Bäumen,
und wo die Bäume nicht reichen,
spendet uns Schirmherr Norbert (im Hintergrund) seinen Schatten.
Nun werfen wir einen Blick in das ritterliche Kräutergärtlein.
Mit einer eigenen Bananenstaude konnten die Burgbewohner
selbst jahrelangen Belagerungen gelassen entgegensehen.
Die angriffslustigen, stechenden Bewohner der Burg
sind auch über das friedfertige Kirchenchorvolk hergefallen
und haben einige Wunden geschlagen.
Aber insgesamt kann man unseren Marsch auf die Münzenburg
doch als Erfolg verbuchen.
Erhobenen Hauptes schreitet das Chorvolk
im Gefolge seiner Vorsitzenden durch das wuchtige Burgtor.
Es geht schon gegen fünfe (am Nachmittag) -
höchste Zeit, die Burg vor Einbruch der Dunkelheit zu verlassen.
Schließlich möchte niemand von uns
den Burggespenstern ins grausige Anlitz schauen.
Vorbei an exotischen Gewächsen
führt unser Weg heraus aus dem mittelalterlichen Gemäuer
in das Münzenberg der Gegenwart.
Die Verletzten unseres Burgabenteuers
lassen die Heilkraft des klaren Wassers
aus dem Dorfbrunnen auf sich wirken.
Im Ort warten bereits der Wirt und sein Gesinde,
um uns ein reiches Abendessen zu bieten.
Mancher hat Mühe, nach dem opulenten Mittagsmahl
auch dieses noch zu bewältigen.
Einmal muß auch auch die schönste Reise enden.
Als wir wieder heimatlichen Boden unter den Füßen verspüren,
hat auch das Heimweh ein Ende.
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Stand: 28. August 2002