Zur Geschichte des Chors:

Unser Kirchenchor wurde im Jahr 1889 gegründet.
Bis dahin waren die Herren aus dem 1845 gegründeten
und noch heute bestehenden Männergesangverein 1845 Münster
für den Chorgesang in der Kirche zuständig.
Im Jahr 1889 entschlossen sich einige Herren des Männergesangvereins, einen Kirchenchor zu gründen.
Und die Damen? - Die durften damals zwar schon in die Kirche gehen -
bitte auf die linke Seite, denn nach rechts und auf die Empore gingen die Männer,
na ja, vielleicht sogar einige Frauen, um dort zu putzen -
aber Pfarrerinnen oder Messdienerinnen, das konnten Frauen und Mädchen nicht werden,
und eben auch nicht Kirchenchor-Sängerinnen.
Mulier taceat in ecclesia - lateinisch klingt's ganz wichtig, und dennoch ist's nicht richtig,
denn auf das Schweigen mussten sich die Frauen nicht beschränken,
sie durften wohl schon beten und auch singen, aber eben nicht im Chor.
Es waren also Männer, vierzehn an der Zahl,
die den Kirchenchor in einer Gründungsfeier aus der Taufe hoben.

Als erster Dirigent leitete Oberlehrer Wagner den taufrischen Chor,
und die Sänger gingen - damals wie heute - gern zur Singstunde
und opferten auch Zeit und Geld für den Kirchengesang.
Mit ihren Beiträgen konnte z. B. Notenmaterial angeschafft werden.
Lehrer sind wohl für das Dirigieren besonders gut geeignet, damals wie heute,
und so war auch der zweite Dirigent wieder ein solcher, nämlich Lehrer Schack.
Nachdem dieser zwei Jahre gewirkt hatte, ergriff Hauptlehrer Schmitt den Taktstock.

Im Jahr 1902 wurde, entsprechend den damaligen Gepflogenheiten, eine Vereinsfahne angeschafft,
die fortan bei vielen Anlässen, wie z. B. Prozessionen, dem Chor vorangetragen wurde.
Sie existiert, hochbetagt, auch noch heute, braucht aber nicht mehr Dienst zu tun,
denn 1964, als unser Chor sein 75-jähriges Jubiläum feierte,
wurde eine neue Fahne angeschafft, und diese hat das Rentenalter noch nicht erreicht,
sondern ist noch immer bei zahlreichen feierlichen Gelegenheiten im Einsatz.
1906 übernahm (nein, nicht wieder ein Lehrer, sondern) Kaplan Mertens die Leitung unseres Chors,
bis er 1909 durch einen Münsterer abgelöst wurde: Johannes Schledt.
Aber von 1911 bis 1926 war wieder ein Lehrer, nämlich Joseph Pauly,
Dirigent unseres Kirchenchors.

Aus der "Jugendzeit" des Kirchenchors gibt es auch ein paar "Fundsachen",
gefunden und zur Verfügung gestellt von einem großen Freund des Chorgesangs,
nämlich von Werner Ellermann. - Herzlichen Dank!



Artikel aus der Starkenburger Provinzialzeitung vom 27. 1. 1912



Artikel aus der Starkenburger Provinzialzeitung vom 30. 4. 1912



Artikel aus der Starkenburger Provinzialzeitung vom 16. 5. 1912





Artikel aus der Starkenburger Provinzialzeitung vom 8. 10. 1912


Im Jahr 1914 konnte unser Chor sein 25-jähriges Jubiläum feiern,
und nur zwei Wochen später verkündeten die Kirchenglocken den Beginn des Ersten Weltkrieges,
in dem der Chor einige treue Mitglieder verlor und die Gesangsaktivitäten ruhen ließ.
Nach dem Krieg nahm Joseph Pauly unverzüglich seine Arbeit wieder auf
und leitete den Chor, bis er dienstlich nach Dieburg versetzt wurde.
Im Jahr 1926 übernahm der Lehrer und spätere Rektor Josef Stumm
die Leitung des Chors und sorgte in den 21 Jahren seiner Dirigentschaft auch dafür,
dass der Chor in der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges nicht unterging.



Artikel aus der Starkenburger Provinzialzeitung vom 13. 11. 1928



Artikel aus der Starkenburger Provinzialzeitung vom 8. 1. 1936


Zwischen 1939 und 1945 wurde der Chorgesang erneut eingestellt,
denn wegen des Krieges fehlten die meisten Männer.
Der Krieg schlug auch in unseren Chor schmerzlich große Lücken,
so dass nach dem Zusammenbruch des 1000-jährigen Reichs
eine große Werbeaktion durchgeführt wurde, um wieder genügend Männer für den Chor zu gewinnen.
So konnte am 7. März 1946 erstmals nach dem Krieg der Kirchenchor wieder proben.

Im Sommer 1947 bekam der Chor nicht nur einen neuen Leiter, nämlich Herbert Wittmann,
sondern zu den 35 "Chorherren" gesellten sich auch zahlreiche junge Damen,
und so wurde aus dem reinen Männerchor ein gemischter Chor.
Ja, bald waren es mit 40 Sängerinnen schon mehr Damen als Herren,
und bis heute übertreffen die Frauen - zumindest zahlenmäßig - die Männer.
Der Chor blühte auf, glänzte durch zahlreiche Aktivitäten,
ließ sich bei vielen Anlässen von Orchestern begleiten
und gewann bei den Münsterern große Anerkennung.
1955 musste Herr Wittmann aus beruflichen Gründen
den Taktstock an Herrn Keller aus Dieburg übergeben.
Im Jahr 1957 war dieser jedoch wegen eines Unfalls auf dem Weg zur Chorprobe
gezwungen, die Chorleitung aufzugeben.

Trotz intensiver Bemühungen konnte in Münster und Umgebung
kein passender neuer Dirigent gefunden werden.
In dieser Notlage schlug der Diözesanpräses dem Chor
Fräulein Gisela Meinhardt aus Darmstadt als Leiterin vor.
Eine junge Frau sollte das Dirigentenpult besteigen -
sowas hat's in der langen Geschichte des Chors ja noch nie gegeben!
Dass Frauen im Kirchenchor singen, daran hatte man sich inzwischen gewöhnt,
aber eine junge Frau als Leiterin dieses stimmgewaltigen Chores?
Der Vorstand hatte eine schwere Entscheidung zu treffen,
aber schließlich stieg weißer Rauch auf und das Experiment wurde gewagt.
Und siehe da, Frau Meinhardt bewährte sich an der Spitze des Chores
und führte ihn in den zwanzig Jahren ihres Wirkens zu beachtlichen Erfolgen.
Obwohl sie 1977 den Taktstock weitergab,
war sie auch in den weiteren Jahren ihres Lebens
ein gern gesehener Gast und eine Freundin unseres Chors,
und zu vielen Gelegenheiten kam sie zu uns oder wir zu ihr nach Darmstadt.

1977 wagte der Kirchenchorvorstand erneut ein Experiment:
Ein blondgelockter Jüngling aus Münster, sogar mit Eppertshäuser Wurzeln,
wurde zum Chorleiter berufen:
Unser Chorleiter Norbert Müller war gerade mal 18 Jahre alt,
als er die Leitung des Chors übernahm.
Und er konnte alle Bedenken zerstreuen
und führte den Chor zu zahlreichen Erfolgen:
Der Chor singt nach wie vor natürlich sehr gern in den Gottesdiensten,
aber auch zu Jubiläen und vielen weiteren Anlässen
und gibt etwa alle zwei Jahre ein großes Konzert,
meist begleitet von Profi-Musikern und unter Mitwirkung namhafter Solisten.

Zum 100. Geburtstag 1989 wurde dem Chor die Palestrina-Medaille verliehen -
eine Auszeichnung für besondere Verdienste um die Kirchenmusik.
Aber auch außerhalb der Kirche ist unser Chor aktiv
und singt neben kirchlichen auch gerne weltliche Werke.
Er hat z. B. im Mai 1986 voller Begeisterung und farbenfroh kostümiert
die schönsten Melodien aus dem Musical "My Fair Lady"
auf die Bühne der Gersprenzhalle gezaubert
und war im Mai 2004, zur 750-Jahr-Feier der Gemeinde Münster,
maßgeblich an der Aufführung des Musicals "Anatevka" in der Kulturhalle beteiligt.
Die jeweiligen Solisten kamen größtenteils aus den eigenen Reihen,
und auch sie konnten das Publikum überzeugen und begeistern.

Norbert Müller leitet den Chor nun schon seit über vierzig Jahren,
und nach wie vor ist der Chor begeistert von seinem Leiter,
der nicht nur seine Ehefrau Susanne in unserem Chor gefunden hat,
sondern auch schon seine Silberhochzeit mit dem Kirchenchor feiern konnte.
Überhaupt haben zahlreiche Ehepaare im Chor zueinandergefunden,
und in den letzten Jahren konnten einige von ihnen sogar schon
ihre Goldene Hochzeit mit dem Kirchenchor feiern.
Zu solch freudigen Gelegenheiten singt der Chor natürlich besonders gern.

Aber über das Singen hinaus pflegt der Chor auch die Gemeinschaft,
die Geselligkeit, und es gibt dementsprechend zahlreiche Aktivitäten,
vom gemütlichen Beisammensein nach den Chorproben
über stimmungsvolle Familienabende bis zu großen Jubiläumsfesten.
Daneben genießen wir alljährlich bei unserer Wanderung zwischen den Jahren
viel frische Luft und eine gemütliche Einkehr.
Wir unternehmen viele Ausflüge und jedes Frühjahr eine größere Reise.
Solche Mehrtagesfahrten führten schon mehrmals nach Rom, eine sogar nach Israel,
aber auch die See oder Berge, insbesondere die Alpen
waren schon wiederholt das Ziel unserer Fahrten.
Und auch unterwegs, sogar in fremden Ländern, pflegen wir die Geselligkeit
und wollen auch immer wieder, sobald wir eine passende Kirche finden,
zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen singen.

*

Einen Überblick über die ersten 125 Jahre Kirchenchor
von unserem ehemaligen Vorsitzenden Peter Müth gibt es hier,
und mit bunten Bildern geschmückte Berichte aus der jüngeren Vergangenheit
kann man in unserem "Rückblick" finden.

*



Alle Angaben ohne Gewähr.
Änderungen vorbehalten.

Stand: 10. Oktober 2023